»Prima Bude», die Boothstraße!

Was für ein Glücksfall! Im Juni gab es eine Ausschreibung der STATTBAU Stadtentwicklungs GmbH mit finanzieller Ausstattung durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Soziales. Angesprochen wurden Träger, die Wohngruppen für Menschen mit Behinderung betreiben und in denen die Bewohner/innen gern etwas neu gestalten wollen. Das Anliegen war, aus einer Wohngruppe eine »Prima Bude«, so auch der Name der Ausschreibung, zu machen. Wir haben uns mit unserem Projekt im Juli dort beworben und einen Zuschlag bekommen. Neben finanzieller Unterstützung organisierten Ulrike Klotz (AL Jugendhilfe und Wohnen) und ich mit STATTBAU nun einen Partizipationsworkshop mit Studierenden, jungen Menschen mit Behinderung und ihren Eltern oder Begleitungen und Mitarbeiter/innen von STATTBAU.

Was machst Du hier, Schwelle?

In dem Workshop ging es darum, ein Gefühl für die Räumlichkeiten im Haus, aber besonders für den Saal zu bekommen, denn mit den Geldern der Prima Bude wollen wir ihn für alle Bewohner/innen nutzbar machen und uns dabei an ihren Wünschen orientieren. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde ging es auch gleich los. Alle hatten ein Foto von ihrem Lieblingsplatz mitgebracht: gemütliche Sitzecken, Sessel, Betten, Esstische, Garten- und Fensterausblicke und eine Tanzfläche. Wir fühlten uns im alten Speisesaal des Hauses sogleich behaglicher, als dieser mit den Bildern geschmückt wurde. Wir stellten »dem Raum« viele Fragen: Warum bist Du so kalt? Warum bist Du so weiß? Warum hast Du so hässliche Fliesen? In den Fluren für die zukünftigen  WG’s kamen Fragen wie: Warum bist Du so dunkel? Warum siehst Du aus wie ein Krankenhausflur? Warum bist Du so schmal? In den Zimmern wurde gefragt: Warum bist Du so schön hell? Warum bist Du nicht quadratisch? Warum ist das Bad so klein? Warum ist Deine Wand so gelb? Es ging nicht darum, die Fragen zu beantworten, aber diese Methode zeigte uns, wie jede/r Dinge anders wahrnimmt. Mit oder ohne Kommunikationseinschränkung – alle waren beteiligt.

Yoga, Tischfußball & Party

Anschließend stellten wir uns einem Visionenspiel für den Saal, das eine Mitarbeiterin von STATTBAU anleitete. In drei Gruppen überlegten wir uns, wie der Saal an einem Dienstagabend, an einem Sonntagnachmittag und bei einer Party aussehen würde bzw. welches Angebot dort stattfinden könnte. Mit jeweils 15 Aktivitäts- und zusätzlichen Adjektiv-Karten sowie frei geschriebenen Zetteln konnten für alle drei Tage erstaunliche Ergebnisse erzielt werden.

An einem Dienstagabend könnte man für den Saal einen Plan machen, was an welchem Tag stattfindet. Montag: Yoga, Dienstag:  Sport, Mittwoch: Filmabend schauen. Am Sonntagnachmittag wäre es möglich, sich zu treffen, gemeinsam zu kochen, zu chillen, im Internet zu surfen oder Tischfußball/Tischtennis zu spielen. Der Sonntag war wie ein bunter Blumenstrauß voll gemeinsamer Aktivität. An einem schwarzen Brett könnten alle ihre Ideen anbringen und die anderen Bewohner/innen einladen mitzumachen. Es gab auch die Idee, einen Bewohnerrat zu gründen, der sich dann um solche organisatorischen Dinge kümmert.

Die Arbeitsgruppe »Fest« hatte sich mit allen Fragen der Vor- und Nachbereitung, Organisation und des am Ende Aufräumens auseinandergesetzt. Es gab eine Bar, eine Tanzfläche und  ein Buffet. Eine gemütliche Atmosphäre rundete das Ambiente ab. Alle hatten sofort Lust, ein Fest vorzubereiten. Im Kleinen taten wir dies auch. Wir nahmen Stühle und Tisch mit in den schönen Garten und saßen bei Sonnenschein draußen und aßen gemeinsam Pizza. Bei netten Gesprächen konnten wir die Pause genießen und es fiel uns ein bisschen schwer, uns nochmal auf die Saalgestaltung einzulassen.

»Ist ja schon alles fertig, da müssen wir kaum noch was planen«

Mit Legobausteinen, Postkarten und Malsachen waren wir schnell wieder konzentriert im Thema. Wir bauten nun anschaulich mit den Materialien, was jede/r sich gern für den Saal wünschen würde. Es war erstaunlich, was mit den Legos kreiert wurde. Es  entstanden Sofaecken, eine Bar, ein großer Fernseher, Platz für Sport/Tanz/ gemeinsames Essen, ein Tischkicker mit Multifunktion, eine Diskokugel und Soundanlage. Aber auch Collagen wurden aus den Postkarten gefertigt, die verschiedene Stimmungen wie Entspannung, Action, aber auch die Teile aus dem Visionenspiel wie Tanzfläche, gemütlich in der Küche sitzen, chillen auf dem Sofa widerspiegelten.

Es war ein toller gemeinsamer Tag! Die Ergebnisse liegen nun bei einem Innenarchitekturbüro, das bei der ersten Besprechung sagte: »Ist ja schon alles fertig, da müssen wir kaum noch was planen«. Wir werden uns wieder treffen. Dann vielleicht schon in größerer Runde mit den eingezogenen Bewohner/innen, dann werden wir die Ergebnisse präsentieren. Außerdem planen wir im Frühjahr einen weiteren Workshop für die Gartengestaltung.

Maud Materson | Einrichtungsleitung Inklusives Wohnen | Kontakt: materson@pfefferwerk.de

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