In der Schule an der Heide veranstaltete das Projekt „JuBiK – Jung und Bunt im Kiez“ mit Angelika Ebersbach und Madeleine Bolze-Al-Bawi einen 4-stündigen Workshop zum Thema „Vielfalt erleben“. Es nahmen Schüler/innen von 3 Klassen des 7. und 8. Jahrgangs und einige Eltern teil. Das Hauptaugenmerk lag auf Beeinträchtigungen beim Gehen, Hören und Sehen. Als besonderer Gast war Frau Gaedicke, selbst sehbeeinträchtigt, vor Ort.
Der Workshop wurde in drei Phasen eingeteilt: Selbsterprobung, Barriere-Check und Austausch. Zuerst wurde praktisch an Stationen ausprobiert, wie es ist eine Seh-, Geh- oder Hörbeeinträchtigung zu haben. Dazu standen Rollstühle bereit, mit denen die Teilnehmenden eine Rampe hochfahren, eine Tür öffnen oder sich gegenseitig schieben konnten. Für viele war es „ungewohnt mit einem Rollstuhl zu fahren. „Rollstuhlfahren geht auf die Arme“, so wertete eine Gruppe dieses neue Erlebnis aus.
Bei der Hörbeeinträchtigung hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit Kopfhörer zu tragen und zu erfahren, wie sich eine Schwerhörigkeit anfühlen könnte. Weiterhin lernten sie einige Gebärden der Deutschen Gebärdensprache und präsentierten ihren Namen mit dem Fingeralphabet. Diese Übung war eine Herausforderung. So schrieb eine Gruppe, dass „die Zeichen der Finger beim Fingeralphabet schwer waren“. Neuartig war es für die Teilnehmenden sich nach der Dauer des Schulweges in eine Reihe zu ordnen ohne dabei zu sprechen und nur mit Gesten bzw. Gebärden zu kommunizieren.
Um einen Einblick in die Sehbeeinträchtigung zu erhalten, standen den Teilnehmenden Taststöcke und Schlafbrillen zur Verfügung. Dies brachte neue Einsichten, u.a. wie es ist „mit dem Taststock irgendwo gegen zu laufen“. Es gab Brillen, die Krankheiten des Auges, z.B. Grauer Star, simulierten. Mit diesen Brillen füllten die Teilnehmenden Kreuzworträtsel aus, was gar nicht so leicht war. Auch ein Spiel zum Ertasten und Erkennen von einfachen 2-D-Formen machte sichtlich allen Spaß. Als Highlight konnten sie das Spiel „Mensch ärger dich nicht“ mit verbundenen Augen spielen. Das Spiel ist für Personen mit Sehbeeinträchtigung konzipiert und hat extra taktile Funktionen. Frau Gaedicke stand an dieser Station mit Rat und Tat zur Seite.
Anschließend wurde stellvertretend die Schule für Gebäude des öffentlichen Raums einem Barriere-Check unterzogen. Die Teilnehmenden gingen mit einem Leitfaden durch das Schulgebäude und schauten, welche Hindernisse bzw. Barrieren für Menschen mit besonderen Bedürfnissen vorhanden sind. Sie fanden mehrere Hindernisse, darunter bauliche Barrieren wie Stufen und fehlende Toiletten für Rollstuhlfahrer. Weiterhin entdeckten sie Barrieren in der Kommunikation und Information, z.B. mangelnde Helligkeit und Akustik sowie soziale Barrieren, z.B. fehlendes Wissen über Beeinträchtigungen und der Umgang damit.
Zuletzt gab es die Möglichkeit sich mit Frau Gaedicke über ihre Erfahrungen sowie Tipps im Umgang mit Menschen mit Sehbeeinträchtigungen auszutauschen. Die Teilnehmenden stellten viele Fragen, z.B. wie man seinen Weg zu einem unbekannten Ort findet oder wie man Post lesen kann. Bei der Frage, wie man weiß, was man anzieht, zeigte Frau Gaedicke ihr Farberkennungsgerät. Auch Frau Gaedicke hatte Fragen an die Teilnehmenden, z.B. wie es käme, dass Menschen auf ihre Bitte um Hilfe manchmal nicht reagierten und löste damit eine Reflexion der eigenen Haltungen und Verhaltensweisen gegenüber anderen Menschen aus.
Der Workshop regte die Teilnehmenden an, sich mit den vielfältigen Beeinträchtigungen auseinanderzusetzen. So erwähnten einige Teilnehmer, dass sie nun wissen „wie sich der andere fühlt“ und haben „Respekt vor Behinderten“. Weiterhin teilten die Teilnehmer mit, dass sie in Zukunft „nicht im Weg stehen“, wenn eine sehbeeinträchtigte Person mit Taststock auf der Straße läuft und werden diese Person fragen, ob sie „Hilfe braucht“.
Madeleine Bolze-Al-Bawi | Kontakt: bolze@pfefferwerk.de